Paul Schönberger & Stefan Schimmel

Kaisertage

Die unveröffentlichten Aufzeichnungen (1914 bis 1918) der Kammerdiener und Adjutanten Wilhelms II.

Südverlag 2018 160 Seiten 24,90 €

Kaisertage (Paul Schönberger & Stefan Schimmel)

Die Zentenarien zum Ersten Weltkrieg und damit der Kriegsschuldfrage und dem Ende der Monarchie in Deutschland haben in den letzten Jahren zwangsläufig zu einem gesteigerten Interesse an der Person des letzten Deutschen Kaisers geführt. Da bleibt es nicht aus, daß auch das Privatleben Wilhelms in den Fokus genommen wird. Allerdings ist man dabei bemüht, sich in deutlichem Abstand zur Regenbogenpresse zu halten, indem man das vorliegende Buch als wissenschaftlichen (und damit aufklärerischen) Beitrag zur Zeitgeschichte tarnt.

Unter dem Titel Kaisertage haben Paul Schönberger (der seine Doktorarbeit bei Christopher Clark schrieb) und Stefan Schimmel die Aufzeichnungen der Kammerdiener und Adjutanten Wilhelm II. aus den Kriegsjahren herausgegeben und preisen das Buch im Vorwort als „bis dato unbekannte Einblicke in den Kriegsalltag des letzten Deutschen Kaisers“ an. Allerdings belehrt gleich der folgende Satz über den Zweck des Vorhabens, wenn es heißt: Die Aufzeichnungen „veranschaulichen nicht nur eindrucksvoll die allseits bekannte Eitelkeit Wilhelm II., indem sie über die täglichen Besuche des kaiserlichen Friseurs berichten, sondern verdeutlichen auch die tiefe Zuneigung des Kaisers zu seinen zahlreichen Dackeln“. Glücklicherweise beschränken sich die stichwortartigen Aufzeichnungen nicht auf diese Dinge, sondern dokumentieren auch, wie das Wetter war, wen der Kaiser wo empfing und welche Uniform und Orden er dazu trug.

Das ist nicht uninteressant, bedient aber in der Summe die im Vorwort zum Ausdruck kommenden Ressentiments. Der Einwand, es sei nun einmal so gewesen, kann diesen Eindruck nicht entkräften. Denn auch der Tagesablauf eines Helmut Kohl dürfte nicht dramatisch anders ausgesehen haben und müßte einen ähnlichen Eindruck hinterlassen, wenn man, wie im vorliegenden Fall, jeglichen Kontext der politischen Entscheidungsfindung entweder ganz ausblendet oder ihn nur völlig verzerrt in den einzelnen Kapiteleinleitungen präsentiert. Das sieht dann so aus: „Wenn auch nicht allein verantwortlich, traf Kaiser Wilhelm II. dennoch ein Großteil der Schuld. [...] Friedensangebote gab es, und die Macht, diese anzunehmen und durchzudrücken, hätte der Kaiser auch gehabt.“ Diese Sätze sind, wenn die aktuelle Literatur zu den deutschen Friedensangeboten nicht willentlich ignoriert wurde, zumindest grob fahrlässig in ihrer Falschheit (und stehen zudem in einem Spannungsverhältnis zum Grußwort von Georg Friedrich Prinz von Preußen).

Um abschließend zum Positiven zu kommen: Das Buch gehört dennoch in den Bücherschrank eines jeden Kaiserinteressierten, weil es hervorragendes Bildmaterial in Hülle und Fülle bietet!